Sonntag, 14. Februar 2016

Wolf Alice, Köln, 12.02.16


Konzert: Wolf Alice
Ort: Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln
Datum: 12.02.2016
Dauer: 65 min
Zuschauer: vielleicht 350 (nicht ausverkauft)



Ich habe zwei Einleitungen gelöscht, mit denen mein Bericht vom Wolf Alice Konzert anfangen sollte. Warum lange um den heißen Brei reden: Wolf Alice sind eine grandiose Liveband, das Konzert im Club Bahnhof war weit besser als nur "aufregend" oder "gut", es war ein Knüller. Bis Freitag war ich von zwei Sachen felsenfest überzeugt: 1) das beste Rockkonzert des Jahres wird von Savages kommen und 2) die Grammy-Nominierung von Wolf Alices Moaning Lisa smile als bester "Rock act" ist eine lustige Anekdote aber Unsinn. Nach dem Konzert (und jetzt) bin ich mir da gar nicht mehr sicher.


Ich hatte Wolf Alice 2013 beim End Of The Road Festival kennengelernt und bin seitdem großer Fan. Damals gab es nur zwei oder drei Singles und Aussagen wie "das ist die Band, über die in England am meisten gebloggt wird." Die Singles sind heute Gold wert, die beiden phänomenalen EPs, die irgendwann nach dem EOTR erschienen, kosten mehrere hundert Euro, wenn sie auf dem Markt auftauchen. Im Februar 2015 supporteten Wolf Alice alt-j, im Juni erschien das Debüt-Album My love is cool, das auf der Mercury Award Shortlist stand. Wegen dieser Nominierung musste eine erste eigene Deutschland-Tour verschoben werden. Auch die Nachholtour vom November fiel in den meisten deutschen Städten (und Luxemburg) aus, die Auftritte wurden noch einmal auf August und September geschoben. Köln fand als einziges Konzert statt, es wurde allerdings vom Luxor (November) auf den Club Bahnhof Ehrenfeld kleiner verlegt. 


Da wächst gerade eine irre spannende Band schneller als die Booker buchen können, kassiert Nominierungen für NME- und Brit-Awards (und den Grammy) ein, in Deutschland interessiert das aber niemanden. Wann ist uns der gute Musikgeschmack eigentlich abhanden gekommen? Nach den frühen 80ern? Oder hundert Jahre früher?

Wir glaubten den Aufdrucken auf unseren Tickets und waren um acht da. Die Vorgruppe beendete gerade ihr vorletztes Lied. Wie gut, daß ich nach all den Konzertjahren immer noch nicht cool genug bin, um spät aufzutauchen, denn Wolf Alice begannen ihr Set um zehn vor neun. Der Saal war trotz der Runterverlegung nicht voll. Im April spielen Wolf Alice eine Headline-Tour in Großbritannien. Alleine in London tritt die Band an vier Abenden nacheinander im Forum auf, die beiden ersten sind ausverkauft. Dort hatte ich vor gut einem Jahr Slowdive gesehen, die das Forum (2.300 Plätze) an zwei Abenden  nicht ganz ausverkauften.

Nach den ersten drei Liedern (Your loves whore, Freazy und Bros) hörte ich neben mir ein "nur Hits!" Vorher hätte ich nur Bros als Hit bezeichnet. Ich habe My love is cool im Gegensatz zu den EPs kaum gehört und war der Meinung, daß Wolf Alice zwar riesengroße Singles aber keine Alben könnten. Bros ist zwar auch auf der Debütplatte, es ist aber bereits 2013 auf einer der (mittlerweile sündhaft teuren) Singles erschienen. Die Einschätzung war Unsinn! Jedes Lied war des gut einstündigen Konzerts war großartig!


Die Melodien und die Songstrukturen sind schon toll, die Rhythmus-, Tempo- und Lautstärke-Wechsel. Aber das können ja viele Bands. Der echte Knüller ist die Live-Umsetzung. Wolf Alice sind ein Quartett, Gitarristin und Sängerin Ellie Rowsell, Gitarrist Joff Oddie, Bassist Theo Ellis (mit radikal kurzen Haaren) und Schlagzeuger Joel Amey. Von Joff sahen wir am Anfang - solange es noch ruhig war - nur den Kopf hinter dem linken Bühnenaufbau hervorgucken. Der Gitarrist stand meist in Kranhaus-Haltung. Aber irgendwann kommen dann immer die Stellen, an denen es laut und gitarrig wird. Erstaunlich, daß man mit zwei Gitarren solchen herrlichen Krach machen kann! Bei Lisbon zum Beispiel! Wow! Das Lied fängt so harmlos an mit Ellies leichtem Gesang und knallt dann irgendwann einen irren Lärm raus.


Wolf Alice spielten Songs des Albums, von beiden EPs und Singles. Es gab eine Phase, in der es etwas ruhiger wurde (Silk und The wonderwhy), ab Storms waren da aber wieder mehr Gitarren als bei Keith Top Of The Pops & His Minor UK Indie Celebrity All-Star Backing Band und da stehen manchmal bis zu 20 (oder so) Gitarristen auf der Bühne.


Meine Angst, maßlos mit meiner Liebe zu Wolf Alice übertrieben zu haben, war vollkommen unbegründet. Natürlich sind Savages eine phänomenale Liveband, Wolf Alice stehen ihnen aber in nichts nach. Und den Grammy in der Kategorie, die die wichtigte im Bereich Rock ist? Hochverdient! Die Konkurrenten sind die Foo Fighters, Florence, Alabama Shakes und Elle King. Vorsorglich schon mal, falls Wolf Alice nicht gewinnen: "%*2$/", Grammys!"

Setlist Wolf Alice, Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln:

01: Your loves whore
02: Freazy
03: Bros
04: Lisbon
05: 90 mile beach
06: Silk
07: The wonderwhy
08: Storms
09: You're a germ
10: Swallowtail
11: Fluffy
12: She
13: Moaning Lisa smile

14: Turn to dust (Z)
15: Blush (Z)
16: Giant peach (Z)

Links: 

- aus unserem Archiv:
- Wolf Alice, Offenbach, 07.02.15
- Wolf Alice, Larmer Tree Gardens, 30.08.13




 

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