Dienstag, 10. November 2015

Mercury Rev, 09.11.2015, Studio 672, Köln,


Konzert: Mercury Rev
Ort: Studio 672, Köln
Datum: 09.11.2015
Dauer: 80min
Zuschauer: 250 ausverkauft




Ich war realistisch. Das Konzert in Tilburg vor zwei Monaten war wie ein Geschenk an die Band Mercury Rev, der Traum mit Orchester alle ihre Lieblingslieder und Coverversionen live zu spielen war erfüllt worden. Jetzt steht die "normale" Clubtour zur neuen Platte an, und das im winzigen Studio 672 in Köln. 

Als Fan wünscht man sich ja heute eher das kleinste Konzert der Tour zu sehen, da viele Veranstaltungen mittlerweile zu Großevents verkommen, bei Mercury Rev sehe ich das ausnahmsweise anders. Zu ihrer Musik gehört seit längerem die große Show für diese oft "Dream-Pop" gescholtene Musik. 

Und so steht man dann im Keller des Stadtgartens und kann nicht glauben das dies ein besonderer Abend werden soll. Wieder hat man durch die langen Veröffentlichungspausen zwischen den Alben viele Fans verloren. Auch die neue CD ist mir, trotz guter Songs wieder zu glatt und ohne Kanten produziert. Das kann und soll wohl an die erfolgreichste Zeit von "Deserter`s Songs" anknüpfen, aber nach diesem Abend weiß man erst, wie viel Potenzial hier auf der Strecke blieb.


Für mich war Mercury Rev immer Live die bessere Band. Vor dem Erfolg mit süßen Zuckermelodien waren sie bekannt für Gitarrenwände, unzählige Instrumente und Gastmusiker auf der Bühne. Was sich nun gestern bot war schwierig in Worte zu fassen. Kritik sollte immer angebracht sein wenn es nötig ist, oft kommt es hier ja zu positiven Berichten, da wir fast nur Konzerte besuchen, die uns sowieso gefallen, ohne in professionelle Berufsmäßigkeit zu verfallen. Hier aber war auch objektiv gesehen alles perfekt. 

Selten hörte ich am Ende eines Konzertes so oft Sprachfetzen wie "Sensationskonzert", "unfassbar oder "spielten um ihr Leben". Ganz so dramatisch würde ich es nicht nennen, aber um das Überleben der Band geht es mit Sicherheit nach so langer Pause wieder. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Band spielte einen entfesseltes Konzert wie ich es noch selten erleben durfte.

Die ersten 30 Minuten waren so perfekt, dass ich rundum in staunende, fassungslose Gesichter schaute. Ich habe keine Ahnung wie ein solcher Sound aus der minimalen Hausanlage des Clubs möglich war. Es klang wie ein Konzert immer klingen sollte.


Der Bass, der alleine die halbe Bühne einnahm, sowie die Bassdrum führten fast zum (positiven) Herzstillstand, Grashoppers Gitarrre klang glasklar in jedem Ton seiner typischen "Edge"-artigen Gitarrenwänden. Dazu Jonathans Engelsstimme (auch er spielte seit Jahren endlich wieder mehr Gitarre, was für eine Freude in seinem Gesicht) sowie ein Keyboarder, der zusätzlich die Querflöte wie eine weitere E-Gitarre variierte.

Dazu eine von der Band gelieferte Lichtshow mit Flash, Variolights und einer Menge Bodennebel, deren Einsatz für erheblich größere Spielstätten der Tour ausgelegt war. Das alles führte zu einem Wall of Sound wie ich ihn von Mercury Rev seit ca. 1996 nicht mehr gehört habe.

Endlich haben sie live den Mut, zur ihren Wurzeln zurückzukehren. Alte und neue Songs werden in komplett aufgelösten, aber perfekt arrangierten Versionen dargeboten. Alles ist chaotisch aber zutiefst melodisch, immer eine frühe Stärke der Band. 

"The funny Bird", "Enlessly", "Frittering", wie lange hat man diese Songs nicht mehr in vollem Feedbacksound gehört. Die Band strahlt über beide Backen, sie wissen das sie jetzt wieder zurück sind, kraftvoller als je zuvor. Am Ende folgen die Deserter`s Songs. Sie wirken im neuen Gewand eher wie die Verlierer. Hier fehlen die Nuancen, das enorm druckvolle Spiel macht sie nicht stärker.


Ausgenommen dabei Opus 40, dass ruhig beginnt und zu der Jonathan die vorab nicht überzeugende "Nicole Atkins" auf die Bühne bittet. Der Song entwickelt sich zu einer Orgie des Klangs und nach gefühlten 20 Minuten mit ausuferndem Ende steht er wie ein Monolith im Raum. So muss ein Konzert enden.

Als Zugabe noch "Godess on a Highway", als einziges Stück sehr nah am Original, und wie fast immer das starke "The Dark is Rising". Es ist der wundervolle Text, Liebeslied und Lebensbeichte zugleich, der dieses Lied zurecht als Finale gelten lässt. Es ist so schön, es sollte nie vergehen: 

"I always dreamed of big crowds, but dreams don`t last for long. I always dreamed i love you, I`d never dream to loose you, but in my dreams I´m always strong.


Setlist:

1. The Queen of Swans
2. The funny bird
3. Autumn`s in the air
4. Endlessly
5. Frittering
6. Are you Ready?
7. You`re my Queen
8. Diamonds
9. Central Park East
10.Holes
11.Tides of the moon
12.Coming up for air
13.Opus 40
----
Z: 
Goddess on a Highway
The Dark is Rising 

 

Konzerttagebuch © 2010

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